Schienen-Fiasko zwischen Bahn und GdL

Einige Fahrgäste sind verärgert, andere zeigen Verständnis. Der Streik zwischen GdL und der Deutschen Bahn erreichte letzte Woche einen neuen Höhepunkt. Pünktlich zum 25-jährigen Jubiläum des Mauerfalls legte die GdL den Streik verfrüht nieder – nun versucht auch die Bahn einzulenken.

Verspätungen, ausfallenden Züge und Streiks – ein alter Hut für so manche Pendler. Jedoch hatte das Streikpotential der GdL letzte Woche ein neues Ausmaß erlangt. Laut der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GdL) musste die DB rund 200 Millionen Euro einbüßen. Das sind weitaus mehr, als die Gewerkschaft in den nächsten Jahren fordert. Ein Imageschaden bleibt nicht aus – auf beiden Seiten.


Besonders GdL-Bundesvorsitzenden Claus Weselsky musste sich schwerer Kritik und Beschimpfungen unterziehen. Focus Online zeigte Fotos seines Hauses, BILD veröffentlichte seine Büronummer und die Bahn wirft ihm vor, seinen Streik auf Verschwörungstheorien zu stützen.


Die Frontgräben zwischen GdL und DB sind gespalten. Nun wirft die Bahn die Vorwürfe der Lokführer-Gewerkschaft zurück. In ihrer Pressemeldung vom 4. November stellt die Bahn klar, dass sie die Gewerkschaft keinem Tarifdiktat unterwerfen und auch ihr Streikrecht nicht beschneiden würde. Außerdem habe sich die DB um Kompromissvorschläge bemüht, diese wurden jedoch von der GdL abgelehnt.


Anschließend habe die GdL den Streik ausgerufen. Ihr gutes Recht – so urteilte das Landesarbeitsgericht Hessen am 7. November. Laut dem Urteil von Richter Dr. Michael Hörnchen, habe die GdL „weder rechtswidrige Forderungen erhoben noch gegen die Friedenspflicht verstoßen“.


Streitpunkt des Fiaskos ist die vermeintliche Durchführung „eines Tarifeinheitsgesetzes“. Somit würde die GdL um ihre Funktion beraubt, befürchtet Weselsky: „Nach diesem Tarifdiktat sollen wir Scheinverhandlungen für das Zugpersonal führen und würden in Wahrheit zum zahnlosen Tiger. Genau das ist vom Arbeitgeber gewollt.“


Tarifverhandlungen will die GdL nur für ihre eigenen Mitglieder durchführen und nicht für andere Gewerkschaften oder unorganisierte Arbeiter. Grundlegend fordert die GdL für ihre Mitglieder bessere Arbeitszeiten, weniger Überstunden und eine reformierte Regelung der Ruhetage. Außerdem soll es fünf Prozent mehr Entgelt geben.


Zuspruch aus der Politik erhält die GdL von der Linken: Sie sieht die geplante Tarifeinheit der Bundesregierung als einen starken Einschnitt des Streikrechts. Durch die Tarifeinheit werde verhindert, dass „Spartengewerkschaften für ihre Beschäftigten bessere Bedingungen erkämpfen und aushandeln“ können. Für die Partei richtet sich dieses Gesetz „scheinbar gegen kleinere gewerkschaftliche Organisationen“ und betrifft „letztendlich alle Gewerkschaften und das Streikrecht insgesamt.“


Doch der anhaltende Streit ist andern ein Dorn im Auge: CDU-Chef Horst Seehofer habe zwar Verständnis für den Streiks der GdL und unterstütze ihn auch, jedoch müsse man „mit dieser Tarifhoheit auf allen Seiten auch verantwortlich umgehen.“ Auch die Folgen für die Wirtschaft und Pendler müssen berücksichtigt werden.


Scharfe Kritik hagelt es auch von Seiten der SPD. Generalsekretärin Yasmin Fahimi findet die Haltung der GdL für bedrohlich: Die GdL tue „sich selbst und dem Ansehen der Gewerkschaften keinen Gefallen.“ Für Fahimi sieht die Haltung der GdL wie eine Machtdemonstration gegenüber dem Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVD) aus.


Um dem Streit ein Ende zu setzen, schlägt die Deutsche Bahn der EVG und GdL nun weitere Tarifverhandlungen vor. Am 21. November treffen die Gruppen in Frankfurt am Main zusammen. Für den DB-Personalvorstand Ulrich Weber ist die Zustimmung der GdL ein positiver Schritt: „Wir müssen im Sinne unserer Mitarbeiter vorankommen und ausgewogene Lösungen finden." Auch dem „3G-Verfahren“ – zeitgleiche Verhandlungen aller Parteien, jedoch an unterschiedlichen Orten – stimmt die Bahn zu. Außerdem wird es laut GdL zu keinen weiteren Streiks während der Verhandlungsphase kommen.



by Patrick Klapetz

Date 2014, October 8th


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